Anfang April 1995 war ich zum ersten Mal in
Albanien.
Unser albanischer Freund Agim hatte meine Frau Bettina und mich eingeladen,
seine Heimat kennen zu lernen. In dieser einen Woche konnten wir viel von dem
Land sehen. Mehr als mancher unserer albanischen Freunde in seinem ganzen Leben.
Es störte mich nur, dass wir im Auto, also sitzend, das Land durchstreiften.
Noch dazu in einem symbolträchtigen Mercedes! Unsere Gastgeber hatten
erfolgreich verhindert, dass wir im Bus oder im Zug fuhren. Das wollten sie
ihren Gästen aus dem reichen Deutschland einfach nicht zumuten.
Beim Abschied versprach ich (oder besser: ich drohte an), dass ich beim
nächsten Besuch zu Fuß durchs Land ziehen wolle. Das hatte unsere Freunde damals
nicht gestört, da sie es sowieso nicht glaubten.
Die Zeit verstrich, und als ich definitiv eine
Wanderung quer durch
Mittelalbanien
plante, wurde ich von Agim, der inzwischen wieder in Deutschland war, etwas
belächelt. Als er jedoch erkannte, dass ich es ernst meinte, riet er mir
dringend davon ab: Das sei viel zu gefährlich! Auch von deutschen Freunden und
Bekannten wurde ich als überaus leichtsinnig eingestuft. Dennoch, an meinem
Entschluss änderte sich nichts. Ich plante, zu Fuss von der Hafenstadt
Durres
bis nach
Bilisht
im Osten Albaniens zu laufen.
Als Reisezeit wählte ich den Mai 1996 und hoffte, dass
es in Albanien noch nicht zu warm, aber der Schnee auf den Bergen schon getaut
sein würde. Zur Vorbereitung ließ ich mir von Agim ein paar wichtige
Sätze
übersetzen. Ich notierte sie in einem kleinen Heftchen. Das war später eine
wichtige Ergänzung zu Sprachführer und Wörterbuch. Als Kartengrundlage stand mir
nur eine
Straßenkarte im
Maßstab 1:300.000 zur Verfügung. Dieselbe, die uns schon beim Besuch im
vorhergehenden Jahr als Orientierung diente. Ich vergrößerte
Ausschnitte
daraus, schnitt sie in kleine handliche Teile und überzog diese mit einer Folie.
Für die Anreise nach Albanien wählte ich die Bahn und das Schiff.
Endlich ist es soweit: Abends noch nach
München,
im Liegewagen nach
Verona, dann über
Venedig-Mestre
bis
Triest.
Mit Sack und Pack (Rucksack und Tasche mit Geschenken und Verpflegung) schleppe
ich mich ein paar hundert Meter vom Bahnhof zum
Hafen.
Marode Gebäude, alte LKWs, die etwas rauen Gesichter der auf die Fähre wartenden
Albaner und schließlich das trübe Wetter erzeugen eine trübe Stimmung. Ich bin
der einzige Tourist und werde argwöhnisch betrachtet. Albanien scheint schon nah
zu sein. 24 Stunden dauert die Überfahrt mit der
Fähre nach
Durres.
Genügend Zeit, um von der Hektik in Deutschland Abstand zu bekommen. Die ersten
Kontakte mit heimkehrenden Albanern stimmen mich etwas auf das Land ein. Einer
von ihnen
porträtiert mich
auf die Schnelle. Mit gebrochenem Deutsch und etwas Englisch verläuft die
Verständigung ganz gut. Wieder höre ich warnende Worte. Sollte mein Vorhaben
doch wirklich zu gefährlich sein?
Ich bin gespannt auf meine
Ankunft in
Durres.
Es ist immer etwas Besonderes, wenn man per Schiff in einem im fremden Hafen
eines fremden Landes ankommt. Wie leben die Menschen in den Häusern dort? Was
essen sie gerade? Streiten sie sich? Oder gehen sie Hand in Hand spazieren? Sind
die
Schiffe im
Hafen noch im Einsatz, oder liegen sie zum Abwracken bereit? Die Stimmung ist
etwas bedrückend. Die
Fähre legt
am Abend an, und bis alle Formalitäten erledigt sind, ist es dunkel.
Die ersten Schritte wieder auf albanischem Boden unternehme ich mit gesenktem
Kopf, damit ich nicht unnötig in eine der vielen Pfützen trete. Es hat am Tag
geregnet und die Straßen und Wege sind seit dem letzten Jahr auch nicht besser
geworden. Doch der herzliche Empfang, den mir Beni und Bujar bereiten, lässt
alle Sorgen verfliegen. Beni ist der Bruder, Bujar der Schwager von Agim. Sie
holen mich mit dem Auto ab. Beni schlängelt sich sehr souverän mit seinem
klapprigen Peugeot um die Schlaglöcher herum, die ihm seit vielen Jahren
vertraut sind. Sein ganzes Können stellt er dann in einer Seitenstraße unter
Beweis. Hier wäre ein Geländewagen mit viel Bodenfreiheit von Nutzen. Die Straße
führt zu seiner Wohnung. Die Scheinwerfer des Wagens leuchten uns den Weg zur
Haustür, denn Strom gibt es erst in einer halben Stunde. Strom ist in Albanien
an sich keine Mangelware. Auch Wasser gibt es viel im Land. Doch fehlt es an der
Infrastruktur. Deshalb gibt es nur zu bestimmten Zeiten Strom und Wasser.
Diana, Benis Frau, empfängt uns mit einer Notlampe. Als später der Strom wieder
da ist und die Lichter angehen, dauert es auch nicht lange, bis es Essen gibt.
Denn Gastfreundschaft ist in Albanien etwas sehr Wichtiges, ja sogar etwas
Elementares. In jedem Wohnzimmer gibt es Schlafmöglichkeiten und wenn die nicht
ausreichen, dann schläft man eben auf dem Boden. Der Albaner stellt keine großen
Ansprüche.
Die Unterhaltung ist am ersten Abend noch etwas schwierig. Meine Freunde können
weder Englisch noch Deutsch, und ich kein Albanisch. So sitzen wir da und wälzen
Sprachführer und Wörterbuch. Auf diese Weise werde ich in den darauffolgenden
drei Wochen immer ein wenig mehr Albanisch lernen. Am nächsten Morgen schultere
ich meinen Rucksack und mache mich auf den Weg.
Meine Karte ist natürlich sehr ungenau. Doch in
Erinnerung an den Besuch im letzten Jahr kann ich mich noch ein wenig in der
Stadt orientieren. Ich verlasse
Durres
auf der
Ausfallstraße
und biege dann nach rechts ab ans Meer. Und schon stoße ich auf die ersten
Bunker.
Die wurden gebaut, um Albanien vor Invasoren zu schützen. Etwa 700 Tausend
sollen es sein. Die Albaner wären sie heute gerne wieder los. Aber sie scheinen
für die Ewigkeit gebaut zu sein. Die Natur versucht geduldig, den Beton zu
erobern. Ein findiger Kopf
baut sein
neues Restaurant um den Bunker herum.
Ich gehe am menschenleeren
Strand
entlang. Im Sommer soll hier die Hölle los sein. Ich laufe bis zum
Hotel
Adriatica,
dem größten in
Durres. Aus der
Ferne gaukelt die weiße Fassade des Hotels etwas Luxus vor. Aus der Nähe
betrachtet fällt aber die dürftige Ausstattung schon von außen auf: Die Farbe
der Fassade ist nicht weiß, sondern eher grau, die Fenster wurden schon lange
nicht mehr gestrichen und Vorhänge sehe ich auch keine. Sehr einladend sieht das
Haus also auch nicht aus. Ob es überhaupt noch in Betrieb ist? Aber ich will
sowieso nicht in Hotels schlafen, sondern in meinem Zelt, das ich mir extra für
diese Tour gekauft habe.
Ich verlasse hier den Strand um dann senkrecht zur
Küstenlinie ins Landesinnere zu laufen. Ich überquere die Straße und suche mir
einen Weg zwischen Gärten und kleinen Häusern. Die
Zufahrtswege
zu den Häusern würden bei uns in Deutschland unter der Rubrik Baustraßen laufen.
Hier und da wurde etwas Schutt verteilt, ansonsten sind sie unbefestigt und sehr
uneben.
Einzelne
Häuser
vermitteln mit ihren Gärten einen gemütlichen Eindruck. Vor einem sitzen ein
paar Männer und bestaunen mich, rufen mir etwas Freundliches zu und ich winke
zurück. Einer von ihnen, ein alter, halb Verwahrloster, läuft mir nach und
bettelt mich an. Jedoch mit einem eher schelmenartigen Gesicht. Mit ernster Mine
erwidere ich: „Io!“, d. h. „Nein!“. Mit ein paar gemurmelten Worten geht er
wieder zurück zu den anderen, von denen er heftig beschimpft wird. Freundlich
rufe ich ihnen zu: „Ska problem!“ („Kein Problem!“). Sie winken zurück und ich
gehe weiter. Das ist eines der wenigen Male, die ich in Albanien angebettelt
werde. Die Reaktion der anderen Männer zeigt, dass die Bettelei trotz aller
Armut sehr verpönt ist. Doch ich will nicht die Armut und die Probleme der
albanischen Städte sehen, sondern quer durchs Land laufen. Dort wird sich mir
eine ganz andere Welt auftun.
Von der ersten Anhöhe habe ich einen weiten
Blick zurück über
die Häuser bis zum Meer. Dann geht es ins Landesinnere. Ein breiter
Erdweg
führt mich am letzten Haus vorbei. Er ist durch den Regen in der Nacht
aufgeweicht. Ich versuche, am
Wegrand so
viel Gras wie möglich unter meine Füße zu bekommen. Auch hier draußen wird
fleißig
gebaut.
Der Aufbruch in die Zukunft ist allgegenwärtig. Öffentliche Gebäude, wie z.B.
Schulen,
werden jedoch sicher noch länger auf eine Renovierung warten müssen.
Ruhig ist es.
Bald erkenne ich, dass auf den
Feldern
noch sehr viel Handarbeit geleistet wird. Mensch und Tier tun sich schwer auf
den schlechten
Wegen.
Neben Esel oder
Maultier sind
die
Karosscas
ein weit verbreitetes Transportmittel. Das sind gummibereifte, einachsige Wagen,
die von einem Pferd gezogen werden. Die Männer, die so einen Wagen führen, tun
dies oft auch stehend wie einst Ben Hur. Um die Mittagszeit lädt mich einer
dieser Männer ein, auf seinem Wagen mitzufahren. Grundsätzlich bin ich ja zum
Wandern unterwegs, aber in der Mittagshitze des ersten Tages nehme ich diese
Einladung gerne an. Ich stemme meinen Rucksack auf den mit Säcken beladenen
Wagen, besteige das Gefährt und setze mich über der Wagenachse dazu. Die beiden
Männer vorne balancieren dabei ihr Gewicht so, dass das Pferd nicht mit der
Deichsel hoch gehoben wird. Nach mühsamem Start geht es dann recht flott über
die holprigen Wege. Das Tier tut mir leid. An einer Steigung müssen wir während
der Fahrt absitzen und mit Hand anlegen, damit die Fuhre in Bewegung bleibt.
Oben angekommen, nutze ich dann einen kurzen Halt, um meinen Rucksack
herunterzuheben und zu Fuß weiterzugehen. Die Männer wünschen mir noch einen
guten Weg und versuchen dann, ihr störrisches Pferd wieder in Bewegung zu
bringen.
Menschen winken mir oft zu oder bleiben auf ein paar Worte stehen. Ich lerne
schnell die Art, wie man sich in Albanien begrüßt. Routiniert führe ich die
linke Hand zum Herz und murmele dabei einige Worte, obwohl ich fast nichts von
dem verstehe was mein Gegenüber mir sagt.
Die Lufttemperatur ist jetzt, Anfang Mai, nicht besonders hoch, aber die starke
Sonneneinstrahlung heizt die Haut ordentlich auf. Etwas abseits vom Weg klappe
ich mein Hockerchen auseinander und mache eine ausgiebige Rast. Gerne würde ich
auch eine kleine Siesta halten, aber es ist kein geeigneter Baum in der Nähe, in
dessen Schatten ich mich legen könnte. Mit dem Rücken zur Sonne ist es noch
auszuhalten. Dennoch gestärkt und , ziehe ich nach einer Stunde weiter.
An einer Weggabelung stößt ein Albaner zu mir, der ein Stück des Weges mit mir
gehen will. Er hat ein altes Brett auf seiner Schulter. Eine wertvolle Fracht,
denn Holz ist in dieser Gegend Mangelware. Wir kommen ins Gespräch – soweit
meine Sprachkenntnisse es zulassen – und immer wieder bleibt er stehen, um mich
staunend anzuschauen. Ich muss ein paar Schritte vorgehen, damit auch er
weitergeht. Ich habe es zwar nicht eilig, aber ich will ja wandern und nicht
bummeln. Die Unterhaltung kann nebenher laufen. Aber das ist der Mann nicht
gewohnt. Als wir an einem Haus vorbeikommen, in dessen Garten ein Mann
beschäftigt ist, verabschiedet sich mein Wegbegleiter freundlich, wünscht mir
einen „guten Weg“ und beginnt die nächste Unterhaltung.
Nun kann ich wieder richtig ausschreiten. Die
Felder
sind groß. Manchmal bewacht von
Bunkern.
Jedes verfügbare Fleckchen Erde wird genutzt. Die meisten dieser Felder werden
von Hand bestellt. Ganze
Familien
sind im Einsatz. In den Häusern bleiben nur noch die Kranken und Gebrechlichen.
Die großen Kinder kümmern sich am Rande des Feldes um die Kleinsten oder lernen
für die Schule. Natürlich ist ein Fremder mit einem großen Rucksack eine
Sensation. Interessiert schauen die Leute nach mir und antworten freudig auf
einen Wink.
Sie kommen sogar aus einiger Entfernung her, um
mich zu begrüßen. Oder wollen, dass ich mich etwas zu ihnen setze, und bieten
mir ein Milchgetränk an, das sie im Schatten eines Busches stehen haben. Das ist
eine wohltuende Erfrischung! Trotz der geringen Verständigungsmöglichkeiten
herrscht eine sehr freundliche Atmosphäre. Männer führen das Wort und kleine
Mädchen kichern im Hintergrund. „Woher?" – "Wohin?" – "Warum zu Fuß?“ und vor Allem:
„Warum alleine?“ sind fast immer die Fragen, die mir gestellt werden. Bald habe
ich keine Schwierigkeiten mehr, diese Fragen zu beantworten. Es ist wie eine
sich mehrmals wiederholende Lektion.
Auch diesen Kreis muss ich wieder verlassen. Es ist noch zu früh, um den Tag
abzuschließen, obwohl ich von diesen Leuten eingeladen werde, bei ihnen zu
übernachten. Ich will ja noch eine ganze Strecke weiter laufen.
Es ist nicht mehr so warm und von der Höhe kann ich
die Aussicht auf eine wunderschöne
Landschaft
genießen. Bald gesellt sich ein Junge zu mir, der etwas schüchterner im
Gespräch, aber zügiger mit dem Laufen ist. Er zügelt seinen jugendlichen Elan,
um in meiner Nähe zu sein. Wir wechseln nur wenige Worte. Als er sich wiederholt
anbietet, meinen Rucksack ein Stück zu tragen, will ich es ihm nicht mehr
abschlagen. Ich helfe ihm, das große Ding auf seinen Rücken zu bugsieren. Doch
bald ist ihm das Gewicht zu groß und ich nehme ihm den Rucksack wieder ab.
Respektvoll sieht er zu, wie ich die 25 kg mit Schwung schultere und munter
drauf los marschiere. Er führt mich über steile Fußwege, die ich allein nicht
finden würde. So komme ich recht gut voran, trotz aller Unterbrechungen.
Ich will noch die gegenüberliegende
Höhe
erklimmen und dort oben ein Plätzchen für die Nacht suchen. In einer kurzen
Atempause geht
mein Blick zurück
. Im
Gegenlicht
sehe ich Bauern auf dem Heimweg. Ein anderer
Bauer
drängt mich, meinen Rucksack auf den Rücken seines Esels zu legen. Ich habe
keine Chance, das abzulehnen. Das Reisig auf dem Rücken des Esels muss nun ein
Junge tragen.
Während wir langsam hoch traben, unterhalten wir uns
sehr angenehm. Nazmi heißt der Mann, und oben auf der Höhe in
Shesh
steht sein
Haus. Bis
wir oben sind, hat er mich so weit, dass ich seine Einladung zur Übernachtung
annehme. Als wir ankommen, springt sein Sohn rasch ein paar Häuser weiter, um
seine Mutter zu holen, die bei den Großeltern ist. Inzwischen wird das Futter
und das Brennholz versorgt und der Esel im Stall abgestellt. Ich setze mich auf
die Steintreppe vor dem Haus und lüfte erst einmal meine Füße. Nazmi bringt mir
sofort einen kleinen Plastikkanister mit Wasser. Hier hat jedes Haus seine
eigene Wasserversorgung, ohne zeitliche Einschränkung. Während ich meine Füße
wasche, frische Strümpfe und die Sandalen aus dem Rucksack krame, kümmert sich
Nazmi um Holz für den Herd. Und dann kommt auch schon die Frau des Hauses mit
ihrer jungen Schwester. Auch ein Bruder von Nazmi, der Englisch sprechen kann,
ist inzwischen eingetroffen,
Nazmi zeigt mir das Zimmer, in dem ich und sein Bruder später schlafen sollen.
Ich packe meinen Rucksack aus, wasche mich im Gang unterm Wasserhahn so gut es
geht und ziehe frische Klamotten an. Sie warten im Wohnzimmer schon neugierig
auf die weitere Unterhaltung. Es überrascht mich, dass ich in einem so
entlegenen Dorf Leute treffe, die zwar lange von der weiten Welt abgeschottet
waren, aber trotzdem den Eindruck vermitteln, dass sie über diese Welt Bescheid
wissen. Bald merke ich, dass das Wissen doch nicht so groß ist, das Interesse,
etwas zu erfahren, aber umso größer ist. Und mit Hilfe meiner Bücher klappt die
Konversation so leidlich. Sie haben alle sehr viel Geduld.
Dann ist das Essen fertig. Die Bücher werden
weggeräumt und der kleine Tisch etwas mehr zu
mir gedreht. Zuerst wird nur für den Gast aufgetragen: Brot, Suppe, Reis und
Hähnchenfleisch. Dann auch noch Joghurt. Ich will warten, bis die anderen auch
etwas haben. Aber man drängt mich, doch anzufangen. Unsicher beginne ich, die
Suppe zu löffeln. Hunger habe ich ja schon. Nach einer Weile werden mehr Teller
aufgetragen, allerdings nur für die Männer. Die Frauen sind in der Küche aktiv.
Auch der Großvater kommt zu Besuch. Ich werde gedrängt, noch mehr zu essen, aber
auch ein großer Hunger ist mal gestillt. Ein süßer Nachtisch rundet das Ganze
ab.
Nach ein paar Minuten kommt dann die Schwester der Frau mit einer Schüssel
Wasser, einer Seife und einem Handtuch. Ich wundere mich im ersten Augenblick,
dass man sich hier die Hände nach dem Essen am Tisch wäscht. Aber das Wasser ist
nicht für die Hände! Sie stellt die Schale vor mir auf den Boden und krempelt
mir meine Hosenbeine hoch. Jetzt ist mir klar, dass sie mir die Füße waschen
will. Überrascht lasse ich es geschehen. Unsicher murmele ich auf Deutsch, dass
ich die Füße doch schon vorhin gewaschen hätte, doch dann ahne ich, dass das ein
Teil ihrer Tradition ist, und ich füge mich. Nach mir ist dann der Großvater an
der Reihe. Sonst niemand mehr. Ich bin mir in diesem Augenblick nicht bewusst,
welche Ehre das ist.
Die Unterhaltung wird dann in gewohnter Weise fortgesetzt, bis ich gefragt
werde, ob ich müde sei. Ich antworte im ersten Moment höflich mit einem Nein.
Bald ist mir aber klar, dass das ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl ist. Bei den
Bauern hier ist es nicht üblich, dass sie sich die Nacht um die Ohren schlagen,
denn sie müssen am nächsten Morgen wieder früh aufstehen und ihrer harten Arbeit
nachgehen. Deshalb sage ich bald darauf von mir aus, dass ich schlafen gehen
will. Müde bin ich ja wirklich. Und so ziehe ich mit Nazmis Bruder ins Zimmer
nebenan, wo wir uns auf die mit Bettzeug gerichteten Sofas verteilen. Bevor ich
einschlafe, lege ich die Strecke von Durres bis hierher nach
Shesh noch einmal
in Gedanken zurück. Der erste Tag in Albanien war sehr interessant. Ich habe
fast nur sehr freundliche Leute getroffen und war keinerlei Gefahr ausgesetzt.
Ich freue mich auf die nächsten zwei Wochen.
Ich schlafe sehr gut. Kein Straßenverkehr ist zu hören, keine laute Musik des
Nachbarn, kein Wecker, kein Telefon und auch keine Kehrmaschine am Morgen. Kurz:
Himmlische Ruhe. Um sechs Uhr ist dann die Nacht vorbei. Gemütlich sitzen wir
wieder im Wohnzimmer und warten, bis das Frühstück fertig ist: Brot und Käse
(„bukë dhe djathë“), Joghurt, Eier und Tee.
Ich dränge bald zum Aufbruch, sonst komme ich vielleicht vor lauter Geselligkeit erst spät weg. Vor dem Haus formieren wir uns zu einem Foto, und dann ist ein ausgedehnter Abschied fällig. Ich verspreche ihnen, auf jeden Fall ein Bild zu schicken. Nazmi begleitet mich noch durch das Dorf und auf den Bergrücke. Erst von hier oben erkenne ich, dass die Häuser durch den Berg ganz gut gegen den kalten Nordwind geschützt und frei zur Abendsonne ausgerichtet sind.
Nazmi erklärt mir, dass ich nur auf dem vor uns liegenden
Weg zur Straße laufen soll. Denselben, den diese
Bauern mit ihren
Eseln gehen.
Doch ich will ja nicht zur Straße. Geduldig
mache ich ihm nochmals deutlich, dass ich da gehen will, wo nur Mensch und Tier
gehen können, möglichst geradewegs nach Tirana. Verwundert beschreibt er mir
diesen Weg, der auch über einen vor uns liegenden
Bergkamm langsam
hinabführt. Nach einem Abschied mit vielen Umarmungen wartet er noch, ob ich
auch den richtigen Weg finde. Bevor ich dann im Gelände verschwinde, grüßen wir
uns noch einmal
winkend. Nun
kehrt wieder etwas Ruhe ein. Die langen Gespräche sind schon etwas anstrengend.
Jetzt, am frühen Morgen, treffe ich wieder Bauern, die
in
steilem Gelände
ihre Felder von Hand bearbeiten. Diese Felder kann man nur zu Fuß oder mit dem
Esel erreichen. Sie sind für die Bewirtschaftung mit Maschinen zu steil. Mein
Weg führt auf dem Kamm zwischen zwei Bächen hinab ins Tal. Teilweise ist gar
kein Weg mehr vorhanden. Die
Erosion
ist so stark, dass größere Teile des Geländes einfach ins Tal rutschen. Am Rande
solcher Erdrutsche muss ich mir dann einen Weg durch das niedrige Buschwerk
suchen. Dabei stoße ich immer wieder auf
Schildkröten.
Nie zuvor habe ich sie in der freien Natur gesehen.
Wie gestern sind auch heute die
Wege
aufgeweicht. An einer Stelle ist es sogar so matschig, dass ich fast im Schlamm
stecken bleibe. Ein aus
Heckengehölz
geflochtener Zaun am Wegrand gibt mir ein wenig Halt. Erschrocken lasse ich den
Zaun aber wieder los, als sich einer der unteren Äste bewegt und ganz schnell
nach unten fällt: Eine kleine Schlange hat sich so gut im Geflecht getarnt, dass
ich sie erst bemerke, als sie sich bewegt. Nach diesem Schreck achte ich nun
etwas mehr auf den Zaun als auf den Weg. Dementsprechend sehen meine Hosenbeine
aus, als ich dieses Wegestück hinter mir habe. Ich lasse den Schlamm erst
trocknen und kratze ihn später mit dem Messer ab.
So ziehe ich langsam durch das albanische Hinterland.
Lange Zeit sehe ich fast keinen Menschen. Ein
junger Hirte
liegt hinter einem Busch im Schatten. Ich sehe ihn nicht und wecke ihn mit
meinem lauten Schritt. Er unterhält sich ein wenig mit mir. Er muss aber bei
seinen Ziegen bleiben, die irgendwo in der Nähe das Buschwerk anknabbern.
Ich ziehe weiter. Die ungefähre Himmelsrichtung kann
ich aus meiner Karte entnehmen. Mit Instinkt und Fantasie suche ich mir den Weg
durch das
Buschwerk.
Dabei sind mir die natürlichen Hinterlassenschaften der Ziegen eine große Hilfe.
Wo sie ihre kleine Bällchen liegen lassen, kann auch ich mich bewegen.
Das Buschwerk wird höher und ich mühe mich im Wald
bergauf. Hier ist es fast wie Zuhause: Wald, Lichtungen, Gebüsch. Nur die
Erosion, die an vielen Stellen nagt, ist mir in dieser Dimension fremd. Als ich
oben
ankomme sehe ich, dass auf der unteren Seite der Berg steiler abfällt. Ich suche
mir eine Stelle, von der ich ins Tal schauen kann. In der Ferne liegt
Tirana
und der
Dayti. Plötzlich bin ich wieder in besserer
Laune. Das Tagesziel vor Augen schlendere ich vergnügt ins Tal. Viele
Schildkröten sehe ich im lichten Wald. Und abrupt beginnt wieder die
Zivilisation:
Ärmliche Häuser und schlechte Wege zeigen, dass
ich in Albanien bin. An einer Stelle ist die Erosion besonders stark. Neben dem
Weg läuft
das Wasser in einem Graben in Fallrichtung bergab. Klar, dass das Wasser dabei
mäandrieren will. Deshalb holt es sich immer etwas mehr vom Weg und vom Feld. Es
ist abzusehen, wann der halbe Weg im Graben liegt. Es besteht aber keine
Aussicht darauf, dass diese Zustände bald besser werden. Es fehlen einfach Geld
und Maschinen, um diese Probleme in den Griff zu bekommen.
In dieser Gegend haben die Bauern flachere Felder, so
dass eine
maschinelle Bewirtschaftung
möglich ist. Doch nur sehr wenige können sich entsprechende Maschinen leisten.
Verbreitet sind alte, chinesische Raupenfahrzeuge, mit denen der Pflug gezogen
wird. Nur ganz selten sehe ich einen modernen Traktor.
Die
Wirtschaftsgebäude
sehen aus, als wären sie dem Verfall überlassen. Davor verbreitet sich der Müll
der letzten Jahre. Reste importierter Waren von irgendwo her. Die Albaner machen
die ersten Schritte zur Konsumgesellschaft. Von Entsorgung haben sie noch keine
Ahnung. Und eigentlich haben Sie auch keine Möglichkeiten. Müllwagen müssen erst
angeschafft werden. Woher soll das Geld kommen? Westliche Großkonzerne wollen in
Albanien Geld verdienen, die Entsorgung des Wohlstandsmülls interessiert sie
nicht. So gewöhnen sich die Albaner eben an den Müll.
Langsam komme ich
Tirana
näher. Ich sehe jetzt auch viele
Baustellen.
Später erfahre ich, dass fast alle Häuser ohne Genehmigung gebaut sind. Mit
Hacke und Schaufel werden die Fundamente mühsam ausgehoben. Wenn der Rohbau erst
einmal steht, wird er auch schon bezogen. Hauptsache ein Dach über dem Kopf. Die
Wohnungen in der Stadt sind zu klein für die Familien.
Private
Häuser
sind schnell neu errichtet. Daneben stehen alte Gebäude, wie z.B. das Kombinat.
Es ist völlig heruntergekommen. Hier und da sind ein paar Arbeiter zu sehen, die
das Notwendigste in Stand setzen. Aber alles bleibt nur Flickwerk. Langsam kann
ich die Hoffnungslosigkeit verstehen, in der sich so mancher Albaner
befindet. Entsorgungsprobleme sind vorprogrammiert. Ich sehe, wie beschädigte
Wasserleitungen
offen über und zum Teil im Straßengraben verlaufen, in dem verschmutztes
Regenwasser läuft. Oder sogar Abwasser? Unter diesen Umständen wäre es kein
Wunder, wenn Krankheiten auftreten würden. Und es gibt wenig Aussicht auf
Besserung.
Je weiter ich mich Richtung Zentrum bewege, desto mehr
tritt aufkommender Wohlstand der Armut
gegenüber.
Viele
Bunker
sind wieder zu sehen. Wer eine gute Arbeit hat, kann sich ein
neues Haus
oder ein gebrauchtes Fahrzeug einer Nobelmarke leisten.
Es herrscht starker Verkehr auf dieser Einfallstraße nach
Tirana.
An der Werbeaufschrift auf den großen und kleinen Lastwagen ist zu erkennen,
dass sie aus Deutschland sind. Was dort nicht mehr zu gebrauchen ist, wird
hierher verkauft. Auf der Anzeigeteafel eines Autobusses steht noch ein
Fahrtziel aus einer deutschen Großstadt. Tankstellen, neue Werkstätten und vor
allem Betriebe für
Baumaterial
prägen das Bild. Dazwischen aber auch provisorische
Buden. In
und vor diesen werden Waren für den Alltag angeboten.
Mit kleinen
Reparaturbetrieben
werden die Inhaber sicher nicht reich.
Die Bauern auf dem Lande haben ja ihre Arbeit
und ihr nötigstes Auskommen. Aber wer hier in der Stadt ohne Arbeit ist, ist
ganz auf die Unterstützung der Familie oder Verwandtschaft angewiesen. Und
Arbeit gibt es wenig. Die Arbeitslosigkeit liegt nach Schätzungen etwa bei 40
bis 50 %. Genaue Zahlen gibt es nicht. Trotzdem strahlen viele dieser Menschen
Würde aus. Soweit es möglich ist, gibt man auf sein Äußeres Acht.
Ich finde recht schnell zu Agims Schwester. Dabei
komme ich an einem Hotel vorbei. Mich interessiert es, was hier eine
Übernachtung kostet. Mit geschultertem Rucksack und staubigen Schuhen betrete
ich das moderne Haus und frage nach dem Preis für eine Übernachtung. Es sollten
60 US$ sein. Fast so viel, wie ein Lehrer in Albanien in einem Monat verdient.
Da bin ich froh, dass ich Freunde in Tirana habe und verabschiede mich
freundlich von der Rezeption. 100 Meter weiter verlasse ich die Hauptstraße und
sehe erstaunt, dass die
Zufahrt
zum Haus, in dem meine Freunde wohnen, frisch geschottert ist, wenigstens zum
Teil. Direkt
vor dem Haus
stehen noch immer die Pfützen, die man bei schlechtem Wetter vorsichtig umgehen
muss, wenn die Schuhe trocken bleiben sollen.
Am späten Nachmittag klingele ich an der Wohnungstüre. Ich hatte keine Uhrzeit
genannt, als ich mich anmeldete. Meli ist schon von der Arbeit zurück und
empfängt mich auf die bekannte, sehr herzliche Art und Weise. Ein paar wenige
Worte zur Begrüßung kann ich nun schon auswendig. Deshalb meint sie ganz
höflich, dass ich schon gut albanisch sprechen könne. Als ich im letzten Jahr
bei ihnen war, konnte ich noch kein einziges Wort. Gleich hole ich wieder meinen
Sprachführer aus dem Rucksack und versuche auf die übliche Art, meine Erlebnisse
zu schildern: nachschlagen, notieren und dann vortragen. Melis freudige Augen
geben mir den Mut, so weiterzumachen.
Ich würde mich ja gerne erst einmal vom Staub der Wege und der Straße befreien,
aber es gibt noch kein Wasser. Ich muss mich gedulden.
Die Wohnung ist klein und die Küche ist nur eine Ecke im Wohnzimmer. Deshalb
kann Meli meinen langwierigen Erzählungen folgen, während sie das Essen
vorbereitet. Ihr Mann Bujar und die Kinder Ida und Ari kommen auch bald. Ich
fühle mich gleich wieder wohl bei ihnen. Nach einer warmen Dusche kann ich
saubere Klamotten anziehen. Die spartanischen Zustände im Bad stören mich nicht.
Die Dusche ist einfach ein Schlauch, der über dem Stehklo befestigt ist. Daneben
die Waschmaschine und das Waschbecken mit dem Boiler. An der Wand steht ein
Fahrrad und Aris Fußballschuhe liegen herum. Wichtigster Einrichtungsgegenstand
in diesem Raum ist ein großer Kübel mit einem Wasservorrat, damit die
menschlichen Bedürfnisse auch außerhalb der Wasserzeiten weggespült werden
können.
Als das Essen dann fertig ist, kann ich mich für die Gastfreundschaft bedanken,
indem ich ordentlich zugreife und Meli zeige, dass es mir schmeckt. In der Nacht
darf ich in Idas Bett schlafen. Ida schläft bei Meli, Bujar kampiert im
Wohnzimmer.
Am nächsten Tag lege ich einen Ruhetag ein. Trotzdem
ist um vier die Nacht vorbei. Ich will Bujar nach
Skodra
begleiten. Die Stadt liegt im Norden Albaniens, etwa 100 km von
Tirana
entfernt. Bujars Nichte muss dort die erste Prüfung ihres Jurastudiums ablegen.
Die findet bereits früh um acht Uhr statt. Und da die albanischen Straßen nicht
die besten sind, müssen wir sehr früh für die weite Fahrt aufbrechen. Auch ihr
Vater fährt mit. Der kann neben seiner Muttersprache Albanisch auch Englisch
reden und verstehen, die Nichte kann neben ihrem Albanisch zwar Deutsch
verstehen, aber nur Englisch reden, Bujar kann nur Albanisch
und ich kann kein Albanisch, aber Englisch
verstehen und Deutsch reden. Die Verständigung ist ein Durcheinander der drei
Sprachen, aber trotzdem sehr gut. Ich lerne in den langen Stunden im Auto sehr
viel über Albanien und auch das eine oder andere albanische Wort.
Während die Nichte bei der Prüfung ist, hat ihr Vater ein paar berufliche
Gesprächstermine. Er ist im Schulministerium in Tirana zuständig für die
Grundschulen in ganz Albanien und kennt hier in Skodra sehr viele Leute. Bujar
und ich gehen unterdessen einen Tee trinken.
Auf der Rückfahrt machen wir in
Lezha
Halt und werfen einen kurzen Blick auf die Grabstätte des Nationalhelden
Skanderbeg.
Seine Gebeine liegen zwar nicht mehr hier, aber trotzdem ist der Ort fast
heilig. Skanderbeg ist der große Held in der Geschichte Albaniens. Er gewann
1444 eine Schlacht gegen die Türken. Die Besetzung des Landes konnte er aber
dennoch nicht verhindern.
Am Nachmittag sind wir wieder in
Tirana
und ich versuche, zu Hause anzurufen. Diese Möglichkeit gibt es fast nur in den
großen Städten.
Meli und Bujar meinen, ich soll noch ein paar Tage in
Tirana
bleiben. Aber ich erkläre ihnen, dass ich zuerst meine Wanderung beenden will
und dann wieder zu ihnen zurückkommen werde. So packe ich dann am Sonntag in der
Frühe wieder meinen Rucksack. Allerdings ist er jetzt nicht mehr so schwer, denn
Zelt und Schlafsack erwiesen sich als überflüssig. Ich lasse sie in
Tirana
zurück. Matte und Biwaksack müssen im Notfall reichen.
Es scheint wieder ein sonniger Tag zu werden. Ich
laufe entlang der
Lana,
die durch Tirana fließt. An ihren Ufern wurde während des letzen Jahres viel
gebaut. In den neuen Cafes kann man zwar gemütlich sitzen und plaudern, doch an
der Rückseite der kleinen Bauten muss die
Lana
leiden. Dort wird einfach Schutt abgeladen.
1995
sah es hier noch besser aus.
Nur wenige Menschen sind an diesem Sonntag so früh
unterwegs. Die
Pyramide
und der
Platz der Mutter Theresa
wirken fast verlassen. Es ist interessant, an einem sonnigen Sonntagmorgen in
einer fremden Stadt oder in einem fremden Land zu sein. Mancherorts herrscht
große Stille, emsige Lauferei zur Kirche, gemütliche Erholung vom Werktag oder
es wird auch gearbeitet. So wie an diesem Sonntag im
Fußballstadion
von Tirana.
Es wird gänzlich umgebaut und ein neuer Rasen wird angelegt. Auch heute am
Sonntag. Etwas weiter im Park ist es wieder angenehmer. Junge Leute gehen
spazieren, alte sitzen beim
Kartenspiel.
Außerhalb der Stadt geht mein Blick über
Wiesen und
Bäume. Das tut gut. Friedlich liegt der
moderne Teil
Tiranas
vor der Anhöhe im Süden. Beim
Denkmal
für die Mutter Albanien
treffen sich heute Menschen, um der Opfer des Krieges zu
gedenken.
Sogar Premierminister
Meksi ist
anwesend und hat ein offenes Ohr für das Volk. Er will sicher vor der
anstehenden Wahl noch einen guten Eindruck machen.
Ich lasse die große Stadt hinter mir. Fleißige Albaner
arbeiten an ihrem neuen
Häuschen
und zwei Zeugen Jehovas versuchen, Passanten für ihre Sache zu gewinnen. Dann
liegen große grüngelbe
Wiesen mit
Löwenzahn vor mir. Ich habe wieder meine Ruhe zum Wandern!
Inzwischen ist es später Vormittag, als ich wieder
einmal nach einem Baum für eine Rast im Schatten suche. Viele Bäume gibt es in
dieser
Gegend
nicht und ich bin froh, dass ich doch noch einen geeigneten finde. Nebenan
arbeitet eine kleine Familie auf dem Feld. Und gleich bekomme ich Besuch. Zuerst
kommt der Mann mit seinem Sohn, um mich zu begrüßen und dann auch die Frau und
zwei weitere Kinder. Nach dem üblichen „Woher?“ - „Wohin?“ - „Warum?“ bieten auch
diese Leute mir von ihrem Milchgetränk an, das sie irgendwo im Schatten halbwegs
kühl halten. Es ist in dieser Hitze sehr erfrischend. Doch zu meinem Nickerchen
komme ich nicht und so trabe ich nach etwa einer halben Stunde weiter.
Unterwegs treffe ich einen jungen
Burschen,
der seine Zeit mit einer selbst gebastelten Angel vertreibt. Aber was er in dem
kleinen Bach fangen will, ist mir ein Rätsel.
Ich laufe Richtung Südost. Übermorgen will ich in Elbasan sein. Die Orientierung
ist nicht so einfach. Auf meiner Karte im Maßstab 1:300.000 sind nur die
wichtigsten Straßen und Flüsse verzeichnet. Die meisten Dörfer sind, wenn
überhaupt, nur als Punkt in der Karte zu sehen, ohne Anbindung an die
eingezeichneten Straßen. Die Überquerung eines großen Flusses ist für mich ein
Hinweis auf meine Position.
Nach einer kleinen Rast, in der ich den Schatten der
Bäume mit
Ziegen
teilen muss, stehe ich vor dem
Tal des
Erzen.
Mein Ziel für heute sind die
Felsen am
Horizont des anderen Ufers. Na dann mal los! Den
Weg hinab ins Tal
teile ich wiederum mit Ziegen. Nur in einem Teil des Flussbettes fließt heute
das Wasser. Im Frühjahr, nach der Schneeschmelze in den Bergen, rauscht hier ein
reißender Strom. Eine Brücke kann ich nicht finden, auch keinen Steg, dafür ist
das Flussbett zu breit. Als ich sehe, dass ein Polizist in Uniform mit seinen
Schuhen in der Hand flussabwärts läuft, gehe ich auch in diese Richtung und
finde tatsächlich ein paar
Steine,
die einen Weg durch das Wasser ans andere Ufer andeuten. Also Schuhe und
Strümpfe raus, Hosenbeine hoch und durch. Es ist eine wackelige Angelegenheit,
mit einem Rucksack durch das fließende Wasser zu waten. Drüben gönne ich mir
wieder eine kurze Rast und ziehe mir ein paar frische Strümpfe an. Die alten
wasche ich kurz durch und binde sie mir zum Trocknen an den Rucksack. Dann geht
es bergan.
Es ist schon Nachmittag und ich mache mir Gedanken, wo ich heute Nacht schlafen
kann. Ich weiß, dass jeder Albaner einem Fremden Unterschlupf gewährt. Aber ich
traue mich nicht, einfach zu sagen: Hallo, hier bin ich, heute Nacht schlafe ich
bei euch! Also trabe ich einfach weiter und warte, was kommt.
Auf einer kleinen Straße erreiche ich die am Morgen angepeilten Felsen. Immer
wieder kommen LKWs vorbei. Bergauf sind sie leer, bergab mit Schotter beladen.
Irgendetwas muss es da oben also geben.
Es wird Abend und es fahren immer weniger LKWs vorbei.
Ich sehe noch keine Häuser. Ich stelle mich schon seelisch darauf ein, dass ich
nun doch ohne Zelt im Freien schlafen muss. Ich möchte mich aber nicht direkt
neben die Straße legen. Deshalb verlasse ich die Straße und gehe einen Fußweg am
Berg entlang. Plötzlich überholt mich forschen Schrittes ein junger Mann. Er
spricht mich an mit den üblichen Fragen: „Woher" - "Wohin" - "Warum zu Fuß" - "Warum
allein?“
Und bald kommt auch tatsächlich die Einladung in sein
Haus. Ich tue noch so, als sei mir die Situation etwas peinlich, stimme aber
nach ein paar gewechselten Worten zu.
Der Fußweg führt zu einem kleinen Dorf. Ziel
des Mannes ist ein mit einer hohen Mauer umgebenes
Haus. Es
ist gar nicht so klein, aber eben ziemlich heruntergekommen. Die Leute haben
kein Material für eine Renovierung. Die aufgeschlossene Ausstrahlung des
jungen Mannes
passt nach meinem Empfinden überhaupt nicht zu dem Zustand des Hauses.
Gleich werde ich ins Wohnzimmer bugsiert. Auf Teppichen und Kissen mache ich es
mir so gut es geht gemütlich. Ich bin es nicht gewohnt, auf dem Boden zu sitzen.
Sehr geduldig und interessiert versucht der junge Mann mit mir ein Gespräch zu
führen. Das klappt so leidlich mit meinen Unterlagen, in die auch er sehr
interessiert schaut und einzelne albanische Worte im Wörterbuch sucht. Auch
seine Eltern kommen bald herein. Sie freuen sich, dass ein Gast da ist und die
Mutter erledigt gleich die ersten Handgriffe, um etwas zum Essen zuzubereiten.
Es stellt sich heraus, dass der junge Mann oben am Berg im Steinbruch arbeitet.
Sein Vater ist der Ortsvorsteher dieses Dorfes.
Es ist schon dunkel, und nach dem Essen ist bald Nachtruhe angesagt. Die
Gastgeber müssen morgens wieder früh raus. Das kommt mir natürlich entgegen. Ich
bin müde und möchte morgen recht bald wieder auf den Weg. Mir wird bewusst, wie
diese Menschen hier gefordert werden. Mit dem Auto kommt man nicht bis ins Dorf.
Fast abgeschnitten von der Außenwelt müssen sie ihre Felder nur mit Hilfe von
Pferd oder Esel bearbeiten. Kino oder Shopping ist für sie buchstäblich eine
andere Welt. So ein Gast aus Deutschland ist etwas ganz Besonderes. Davon wird
man in zehn Jahren noch sprechen. Das Dorf heißt
Paskashesh.
Früh geht es am nächsten Morgen weiter. Nicht lange,
da liegt wieder ein
Fluss vor
mir, den ich durchqueren muss. Es ist der
Murrdharit.
In aller Ruhe ziehe ich wieder Schuhe und Strümpfe aus und mit der gleichen Ruhe
auf der anderen Seite wieder an. Ich habe Zeit, kein Termin drängt mich. Das tut
gut. Gemütlich gehe ich weiter. Ich brauche meine Zeit, bis ich wieder meine
Betriebstemperatur zum forschen Gehen habe. Am Feldesrand liegt ein
Holzpflug der
sicher bald wieder von zwei Ochsen durch die Erde gezogen wird.
Grenzsteine
zeigen, dass auch hier Streitigkeiten möglich sind. Und im nächsten Dorf wird
ein neues
Haus
errichtet. Ich genieße die herrliche Landschaft und das satte
Grün der
Wiesen, das
Braun der
frisch gepflügten Felder und die ersten blühenden Bäume. Bald komme ich zu einer
kleinen Straße, auf der aber nur die bekannten
Karosscas
fahren.
Wieder ein
Fluss. Das
Wasser des Zarankäs
fließt nach
Elbasan. Doch der
Weg dahin ist noch weit und führt wieder über
schlechte Wege
ins Tal. Blühende
Sträucher
erinnern mich an Deutschland, an den
Olivenbäumen
erkenne ich aber, dass ich in einem südlichen Land bin. Mein Weg führt dieses
Mal mehr über
Steine als
durch Wasser. Am anderen Ufer geht es dann steil nach oben. Der
Blick zurück
lässt mir die Brust schwellen: Ich habe schon eine ganz ordentliche Strecke
zurückgelegt.
Der
Weg führt
durch Olivenhaine. Hinter der nächsten
Biegung ist dann
endlich
Elbasan
zu sehen. Zuerst das neuere Wohnviertel mit seinen
Wohnblocks.
Menschen kommen mit dem Bus aus dem Zentrum, Kinder spielen neben und auf der
Straße. Ich bin müde. In einem kleinen Kiosk
kaufe ich mir eine Cola und ein paar Kekse. Ich
suche nach einer Unterkunft. Vorbei am
Uhrturm,
dem Wahrzeichen der Stadt, schleppe ich mich zum Stadtrand. Alte Männer sitzen
an der
Stadtmauer
beim Kartenspiel. Ich lande im Albtourist-Hotel
Skampa.
Das hat sicher auch schon bessere Zeiten gesehen. Oder doch nicht? Auf jeden
Fall finde ich ein Bett und etwas zu essen.
Abends um sechs
Uhr geht man in Albanien spazieren. Der Xhiro ist Tradition. Man trifft Nachbarn
und Bekannte und tauscht die letzten Neuigkeiten aus.
Am nächsten Morgen ist wieder
Trubel auf der
Straße. Aber fast ohne Autos. Ich schleiche mich über eine Brücke auf die
südliche Seite des Skumbin
und suche wieder die Ruhe der ländlichen Seite Albaniens. Eine
Hühnerfarm liegt
noch unten im Tal. Die
Felder hangeln
sich schon bergwärts. Die Natur scheint im Süden schon etwas weiter zu sein.
Vielleicht täusche ich mich auch. Auf jeden Fall genieße ich das Grün.
Langsam mühe ich mich auf dem steilen Weg den
Berg
hinauf. Es soll wohl eine Straße sein. Denn ab und zu quält sich ein kleiner
Furgon nach oben. Lokale Furgone sind kleine Busse, die in der Regel früh in die
Stadt und nachmittags wieder zurück in die Dörfer fahren.
Der
Weg wird
wieder flacher. Er zieht sich für mich aber ganz schön in die Länge. Plötzlich
stehe ich vor einem wunderschönen
Baum, in
voller Blüte. Etwas daneben steht ein kleiner Grabstein. Später erfahre ich von
der Sage, die um den über 400 Jahre alten Baum bei
LLeshan
rankt:
Ein kleines Kind hatte eine unbekannte Frucht verschluckt und wurde sehr krank.
Als der Vater das Kind in die weit entfernte Stadt bringen wollte, starb es
unterwegs. Der Vater begrub es gleich neben dem Weg. Die vom Kind verschluckte
Frucht ging im Grab auf, es wurde ein Baum. Ein besonderer Baum. Keine Axt
konnte ihn fällen, so hart war sein Stamm. Für die Menschen in dieser Gegend ist
dieser Ahorn heilig.
Ich gehe etwas weiter, setze meinen Rucksack ab und
klappe meinen
Hocker
auf. Ich mahle etwas Hafer und mache mir einen Brei mit Wasser und Milchpulver.
Weiter unten sitzt ein
Mädchen
auf dem Boden. Es ist scheinbar multitaskingfähig: Während es seine Hausaufgaben
macht, schaut es auch nach den Ziegen. Ich habe einen weiten
Blick ins Tal
des Devoll.
In der Ferne liegt der
Tomorr. Der Berg
ist in Mitttelalbanien von fast überall zu sehen. Auch die
markante Spitze
des Lisecit
ragt über die anderen Berge hinaus. Das ist meine Richtung für die nächsten
Tage.
Als ich weiter gehe, versuche ich, die selten
vorbeifahrenden Fahrzeuge gar nicht anzuschauen, damit ich nicht zum Mitfahren
eingeladen werden kann. Ich will ja zu Fuß gehen. Auf lange Diskussionen,
weshalb ich nicht mitfahren will, habe ich keine Lust. Wo aber die tägliche
Arbeit auf dem
Feld eine
Plackerei ist, kann man wandernde Gesellen nicht ganz verstehen. Und als die
ersten Berge im Abendschatten sind, lasse ich mich doch von einem kleinen
Transporter
ein paar Kilometer schaukeln.
Was wird transportiert? Säcke von
Altkleidersammlungen(!) aus Deutschland. Irgendwo in der Nähe wohnen Nonnen, die
sich um die Ärmsten der Gegend kümmern. Dort werden die Klamotten verteilt.
Irgendwie finde ich wieder eine
Unterkunft
für die nächste Nacht. Und wieder bei sehr netten Leuten, die mit harter Arbeit
ihre bescheidenen Lebensumstände erhalten. Natürlich wird der Gast, so gut es
geht, bewirtet. Es ist schon spät, die Unterhaltung heute kurz. Ich schlafe gut
auf dem einfachen Nachtlager. Ich bin heute in
Pashtresh.
Verschämt biete ich am nächsten Morgen einen kleinen Obulus an, doch der wird
abgelehnt. Ich mache ein Foto mit
Butterfass,
notiere mir die Anschrift und verspreche, das Bild später zu schicken.
Am nächsten Tag ist wieder strahlendes Wetter. Vom
gegenüberliegenden Hang blicke ich
zurück. In
einem dieser Häuser war ich Gast. Der
Tomorr mit seinen
2414 Metern ist eine gute Orientierung. Im bergigen Gelände laufe ich erst
einmal entlang der kleinen Straße, auf der sich fast kein Auto verirrt. Esel
oder
Maultier sind die gängigen Transportmittel. In einer kleinen
Bude am
Wegrand
gibt es neben Kaffee, Keksen und Anderem auch etwas
Musik.
Doch bald ist mir die langweilige Rennerei auf dem
breiten Weg leid, ich versuche mein Glück wieder etwas abseits. Das bedeutet: In
der
Luftlinie
den kürzeren Weg, dafür aber das
steilere Gelände.
Die schlechten
Wege,
Bäche und
Flüsse
ohne Brücken machen den Entfernungsvorteil wieder zunichte. Hier und da ist ein
kleiner Steg vorhanden, an dem mein Weg vorbei, selten darüber führt. Oft gehe
ich nur Spuren
am steilen Hang
hinterher. Und wenn ich meine, ich sei nun wirklich am Ende der Welt, tauchen
irgendwo doch wieder
Menschen
auf. In der Karte sind die Dörfer nur als Punkte eingetragen, ohne eine
Verbindung zwischen ihnen. Eine
Hängebrücke
überquert den Fluss
Holtit. Ich kann
mir eigentlich nicht vorstellen, dass Fahrzeuge darüber fahren können. Über
kleinere
Bäche, in
denen die Frauen die Wäsche waschen, führen abenteuerliche Stege. Auch hier in
Holtas
finde ich Unterschlupf bei über die Maßen freundlichen Menschen.
Früh geht es wieder weiter.
Der
Lisecit
ist ein sehr markanter und weithin sichtbarer Berg, aber er ist noch nicht
mein gestern angepeiltes Ziel. Auch hier in den kleinen, schwer zugänglichen
Dörfern sehe ich
Schulen
für die Kinder. Mein Ziel, der
Vallamräs,
ist nun schon sehr nah. An seinem Hang soll im letzen Winter ein amerikanisches
Militärflugzeug zerschellt sein. Ich
wandere
ganz gemütlich durch die Berge Mittelalbaniens. Den neugierigen
Blicken
von kleinen Zicklein
kann ich nicht ausweichen. Es ist schönes Wetter, die Landschaft herrlich, und
die Leute freundlich. Was will ich mehr.
Selbst in dieser Abgeschiedenheit sind die
Häuser mit
Strom versorgt. Die
Strommasten
führen über krumme Holzstangen oder kleine Bäume. Die
Umsetzer
sind hingegen stabil aus Steinen errichtet. Ich komme an einer Schule vorbei.
Wie überall freuen sich auch hier die
Schüler
über die Pause.
Der
Esel ist
ein wichtiges Fortbewegungsmittel. Er kommt zwischen den Steinen in dem
ausgetrockneten
Flussbett
und auch auf den steilen, unebenen
Wegen gut
zurecht. Selbst mit einer geländegängigen Enduro wäre man hier kaum schneller.
Und wenn es für fünf Personen nur einen Esel gibt, muss der Rest der
Familie zu
Fuß gehen. Die
Dörfer am Hang
sehen recht idyllisch aus. Wie lebt es sich hier im Winter? Heute genieße ich
den
Frühling und
wandere ohne Hast vorbei an
Häusern und Gärten
auf manchmal auch sehr steinigem
Weg. Auch dieser
Tag neigt sich dem Ende. Kinder, Schafe und Kühe teilen sich noch den
Sportplatz,
bis die Sonne im Westen verschwindet. An diesem Abend bin ich in
Lenie
und wieder einmal auf der Suche nach einem Nachtlager. Wie bereits gesagt: In
den ländlichen Gegenden Albaniens schläft niemand im Freien. So
bekomme
ich irgendwie wieder Kontakt und somit eine Schlafstätte.
Am Morgen mache ich das fast schon obligatorische
Erinnerungsfoto.
Die ganze Familie und auch die Nachbarn
winken mir
nach. Hinter dem
Lisecit
kommt schon
wieder die Sonne hervor. Auch der neue Tag bringt wieder viele Erlebnisse. Die
Esel, die mir
entgegen kommen, haben meistens ein größeres Päckchen zu tragen als ich. Sie
können ihren Weg nicht wählen. Ich
hingegen kann die
Richtung
meiner Beine selbst bestimmen.
Vorbei an
Bicaj
geht mein Weg über die südliche Flanke des
Vallamräs.
Noch ein letzter
Anstieg,
dann kann ich über das Tal des
Devoll hinweg auf
den
Ostrovice
sehen. Das erste
Dorf hinter der
Flanke liegt am Südhang hoch über dem Devoll.
Auch hier sind die
Wege nicht
besser. Dafür geben die Bienen auf den saftigen Wiesen sicher einen vorzüglichen
Honig. Bald kann
ich
bequem
hoch über dem Tal nach Osten gehen. Ich muss mir in der Ferne einen neuen
Anhaltspunkt suchen. Schafe am Wegesrand betrachten mich
skeptisch.
Mein Ziel ist
Voskopoje,
kurz vor
Korca. Dazu muss ich ins Tal hinab und den
Fluss
Devoll überqueren. Leicht gesagt! Nach
rechts geht es steil hinab und nach vorne ist der Berg
weggerutscht.
Das Dorf Gopesh
auf der anderen Seite ist greifbar nahe. Also folge ich wieder den schmalen
Pfaden quer zum
Hang. Die
Mühe scheint sich gelohnt zu haben:
Dort ist
ein Weg. Aber davor noch eine weitere
Erosionsschlucht.
Nachdem ich diese hinter mir habe bekomme ich beim
Blick zurück
im Nachhinein noch Gänsehaut. Doch stolz betrachte ich die
zurückgelegte Strecke.
Der Abstieg ins Tal ist dann eher ein Spaziergang.
Den
Devoll
überschreite ich über eine
Hängebrücke.
Am
nördlichen Ufer
sehe ich einen der wenigen Furgone das Tal hinauffahren. Er fährt nach
Korca. Während
ich am südlichen Ufer laufe und in ein seitliches Tal einbiege, höre ich ganz
deutlich, wie jemand mit Steinen wirft. Hier in dieser verlassenen Gegend? Dann
sehe ich, wie ein
Mann auf
einem Weg die größeren Steine zur Seite räumt. Der Weg führt vom Berg ins Tal.
Die Erschließung des Geländes von oben scheint einfacher, da keine Brücken
gebaut werden müssen, die während der Schneeschmelze im Frühjahr zerstört werden
können. Das bedeutet, dass es oben auf der Höhe auch eine Wegverbindung nach
Korca
geben muss.
Ich schätze die Richtung nach
Voskopoje.
Irgendeines der Dörfer, die auf der Karte eingetragen sind, werde ich
hoffentlich erreichen.
Ich gehe im trockenen Teil des Flussbettes
des
Cermenike. Auf der nördlichen Seite sehe
ich, wie mehrere Leute am
Hang
laufen. Schon von Weitem ist zu erkennen, dass der Weg durch Erdrutsche
gefährdet ist. Und tatsächlich beobachte ich, wie eine Gerölllawine abgeht. Ich
sehe auch, wie ein Mann sich gerade noch durch schnelles Weiterklettern rettet.
Also habe ich mit der Wahl meines Weges mal wieder einen richtigen Riecher
gehabt. Doch der Weg, den ich nun gehe, führt immer weiter in den Berg.
Reste
einer verlassenen Mühle sind alles was ich antreffe. Eine Stromleitung führt in
das Tal hinein. Aber von einem der Dörfer ist weit und breit nichts zu sehen.
Was tun? Der Weg zurück bringt mich vor der Dunkelheit auch nicht mehr in ein
anderes Dorf. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich in dem
engen Tal noch
bewohnte Häuser finde. Wenn keine Häuser da sind, ist wohl auch kein
"Schlawiner" in der Nähe! Ich beginne, die Landschaft nach einem möglichen
Nachtlager abzusuchen. Ich gelange zu einem Steg über den Fluß und schöpfe
Hoffnung: Wo ein Steg ist sind sicher auch Menschen. Ich
balanciere
auf die andere Seite. Dann sehe ich in der Dämmerung ein Gebäude. Also doch ein
Dorf? Nein, es ist nur ein einzelnes Gebäude: ein kleines wasserbetriebenes
Elektrizitätswerk!
Obwohl ich eigentlich erwarte, dass das Gebäude verschlossen ist, greife ich
trotzdem zum Knauf. Die Tür ist offen. Ich gehe
hinein.
Ohrenbetäubender Lärm empfängt mich. Ein Mechaniker arbeitet an einer Turbine.
Als ich ihn kurz grüße, reagiert er kaum. Für ihn scheint es wohl
selbstverständlich zu sein, dass hier wandernde Gesellen aus Deutschland
auftauchen. Und im Gegensatz zu meinen bisherigen Kontakten mit den Albanern
scheint er auch kein näheres Interesse an mir zu haben und arbeitet weiter. Da
es drinnen sehr laut ist, gehe ich wieder nach draußen. Ich mache es mir auf dem
wenigen Gras neben dem Gebäude gemütlich, so gut es eben geht. Nach der
Aufregung wird natürlich erst einmal etwas gegessen. Dann richte ich meine Matte
und meinen Biwaksack her. Ich hoffe, dass ich trotz des Lärms, den die Turbine
macht, schlafen kann. Aber nicht der Lärm hindert
mich daran, sondern die Mücken. Ich kann
einfach nicht einschlafen, obwohl ich sehr müde bin. Ich entschließe mich daher,
den Mechaniker zu fragen, ob ich mich drinnen auf den Boden legen darf. Der
würde sicher sehr hart sein, aber besser als gar nicht schlafen. Der Mechaniker
ist nun etwas gesprächiger und bietet mir sogar seine Pritsche an. Die Nacht
scheint gerettet. Aber es ist warm und sehr laut, sodass ich trotz der guten
Liegestatt nicht recht schlafen kann. Der Mechaniker hat fast die ganze Nacht zu
tun und ruht nur ab und zu ein wenig auf einem Stuhl aus.
Als es hell wird, packe ich meine Sachen zusammen und
will mich wieder auf den Weg machen, als der Mechaniker mir zu verstehen gibt,
dass ich warten soll. Er räumt ein wenig auf und schließt das
Gebäude
ab. Hier draußen kann man sich schon besser unterhalten und er sagt mir, dass
seine Ablösung bald kommen würde und er lädt mich zum Frühstück zu sich nach
Hause ein. In dieser verlassenen Gegend würde niemandem einfallen so eine
Einladung abzuschlagen. So gehen wir ein Stück das Tal auf unserer Seite wieder
hinunter und dann
steil den Berg hinauf. Er trägt sogar meinen
Rucksack ein Stück, meint dann aber voll Anerkennung, dass dieser doch zu schwer
für ihn sei. Dafür drosseln wir dann das Tempo ein wenig. Ich staune nicht
schlecht, als wir dann zu seinem
Haus
kommen: In dieser verlassenen Gegend hat dieses Bauernhaus eine große
Sattelitenschüssel vor der Türe! Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Das
Frühstück ist gleich gerichtet und die ganze Familie bestaunt mich, als wäre ich
von einem anderen Stern. Dabei läuft gerade in der Glotze eine Sendung über die
Schweiz, in der zu sehen ist, wie irgendwelche Verrückten auf Fahrrädern eine
steile Skipiste hinab jagen. Und ich lasse mir hier in Albanien Bauernbrot,
Käse, Honig und Joghurt
schmecken!
Der Mechaniker ist nun genauso neugierig und wissbegierig wie alle anderen
Albaner bisher auch. Nun hat er Zeit. Es stellt sich heraus, dass einer seiner
Brüder in Italien lebt und die Familie unterstützt. Die Satellitenschüssel wurde
per Esel zum Haus transportiert und Strom hat er ja direkt vor dem Haus. Er kann
also die ganze Welt aus seinem Wohnzimmer sehen. Aber einen leibhaftigen
Mitteleuropäer hatte er noch nicht zu Besuch. Die Konversation läuft dann doch
bald besser als bei meinen bisherigen Gastgebern. Und ich muss auch von meinem
Haus berichten. Als ich ihnen klar mache, dass ich kein eigenes Haus habe,
sondern jeden Monat Miete für die Wohnung zahlen muss, haben sie etwas Mitleid
mit mir und drängen mich, noch etwas vom Brot und vom Käse zu nehmen.
Aber auch dieses gastfreundliche Haus muss ich wieder verlassen. Nach dem
obligatorischen Familienfoto erklärt mir der Mechaniker noch, wie ich in
Richtung Voskopoje weiter gehen muss. Frisch gestärkt trabe ich los.
Recht zweifelhaft betrachte ich die nächste
Brücke und
taste mich dann langsam über sie
hinweg.
Die Einheimischen schaffen das ja auch mit Esel und Satellitenschüssel, dann
trägt sie mich wohl auch mit Rucksack. Doch ich komme nicht weit. Beim nächsten
Hof lässt mich der Bauer nicht mehr weiter, da es inzwischen angefangen hat zu
regnen. Seine
Frau zieht
noch schnell die Kuh in den Stall, dann bereitet sie den Tee, während wir es uns
im Wohnzimmer gemütlich machen. Die Schwiegertochter heizt zuvor noch extra ein.
Die Unterhaltung ist hier nicht so ergiebig, da die Schulbildung des über
achtzig Jahre alten
Mannes
natürlich nicht dieselbe ist wie die des Mechanikers von heute Morgen. Als es
aufhört zu regnen, lässt er es sich nicht nehmen, mich bis zum Ende seines
Dorfes zu begleiten und mir nachzuschauen, dass ich auch ja den richtigen
Weg finde.
Und ab geht es wieder in die Berge. Ich übersteige den
vor mir liegenden steilen Bergkamm. Eine wunderbare Landschaft tut sich vor mir
auf. Ich blicke
zurück ins
Tal. Ein Schafhaus,
Reste einer Kirche
und einer
Festungsanlage
sind zu sehen. Die sind sicher in keinem der wenigen Reisebücher über Albanien
erwähnt. Eine
Kirchenruine
hier in den Bergen Mittelalbaniens? Was spielte sich hier alles schon alles ab?
Wenn ich mehr Zeit hätte und besser albanisch reden könnte, würde ich gerne die
Einheimischen darüber befragen. So bleibt es für mich eine geheimnisvolle Ecke
unseres Erdballs. Ich verlasse das lauschige Plätzchen und trabe langsam weiter
durch den
Wald den
Berg hinauf. Der Regen wird zu
Nebel und
ich genieße es, in meinem selbstgenähten Regenponcho trocken zu bleiben.
Irgendwann erreiche ich
Voskopoje
und bin enttäuscht. Voskopoje wird als
Erholungsort
angepriesen, aber sieht kaum danach aus. Das Klima scheint alles zu sein, womit
man sich hier erholen kann. Ich laufe im Ort herum, um ein Zimmer zu finden,
aber so etwas gibt es hier anscheinend nicht.
Also läuft es wieder auf private
Gastfreundschaft hinaus. Ich suche mir einen Hof aus, dessen Eigentümer wohl
nicht zu den ärmsten gehört und versuche mein Glück. Es scheint niemand da zu
sein. Als ich wieder gehen will, kommt aus einem Nebengebäude eine alte Frau
heraus. Mit ihr kann ich mich fast nicht verständigen. Sie drängt mich in ihr
Häuschen. Das scheint so etwas wie ein Altenteil zu sein. Und das bedeutet
einfachste Ausstattung. Der Herd hat sicher ebensoviele Jahre auf dem Buckel wie
die alte Frau. Aber auf ihm lässt sich Wasser für den Tee kochen. Drinnen ist es
kalt. Die Frau kennt es sicherlich nicht anders. Selbstgestricktes hängt zum
Trocknen. Vermutlich von den Enkeln.
Nach wohl einer Stunde mit Tee und wenig Unterhaltung kommen die Bauersleute.
Ich mache ihnen deutlich, in welcher Lage ich bin und dass ich eine Unterkunft
für die Nacht suche, ich würde auch dafür bezahlen. Letzteres überhört der Bauer
und lässt mich gleich eintreten. Das Innere des Hauses lässt dann den Stand der
Familie erkennen: Es sind keine armen Schlucker. Nach dem Essen darf ich sogar
in einem richtigen Gästezimmer in einem Bett schlafen. Ob wohl die Alte in
diesem Haus schon einmal geschlafen hat? Wie vermutet darf ich auch hier für
Unterkunft und Verpflegung nichts zurücklassen.
Am Morgen regnet es. Es ist kein Wetter zum Wandern.
Ich gehe in den Ort und fahre mit dem nächsten
Bus nach Korca.
Ich habe die letzten Tage etwas getrödelt und will ja noch weiter nach
Dardhe.
Das liegt östlich von
Korca,
fast an der griechischen Grenze.
Korca
ist kaum zu vergleichen mit den anderen großen Städten in Albanien. Die Stadt
ist
sauber und an der
Bausubstanz ist
zu sehen, dass sie einmal bessere Zeiten gesehen hat. Der Verfall der Substanz
ist auch an Treppen zu beobachten. Manche
am Haus
verfallen. Die alten in der
Altstadt halten
mehr aus. Die
Treppen zu einem
Ehrenmal werden von der Natur zurückerobert. Unkraut macht sich auf ihnen breit.
Und über den
Dächern der Stadt
schwebt der Versuch von Industrialisierung und Fortschritt.
Da ich heute bisher nur Bus gefahren bin, verlasse ich
die Stadt schon früh am Nachmittag. Ein Stück muss ich an der Hauptstraße
entlang marschieren, bis ich zur
Abzweigung
nach Dardhe
komme. Vor dem nächsten Ort begegnet mir noch ein
Bus. Aber
dann sehe ich kaum noch ein motorisiertes Fahrzeug.
Oben auf der
Passhöhe
regnet es. Im ganzen Land ist die
Erosion
ein großes Problem. Das Wasser ist fast nicht zu bändigen. Entsprechend sehen
die Wege aus. Die
Straße
nach
Dardhe sieht schon arg mitgenommen aus. Ein
Bauer begegnet mir mit seinem Pferd. Es muss Holz aus den Bergen schleppen.
Das Wetter ist
wechselhaft.
Mal ist der Himmel
blau, mal
ziehen
Wolken
auf. Ein
Salamander
quert die Straße.
Auf dem Weg nach oben treffe ich einen älteren Mann, der mit einer Plastiktüte
in der Hand unterwegs ist. Ganz selbstverständlich grüßt er mich und wir kommen
ins Gespräch - soweit es meine Sprachkenntnisse zulassen. Er ist vier Stunden
unterwegs in die Stadt, um seine Schwester zu besuchen. Am selben Tag läuft er
dann wieder vier Stunden zurück in sein Dorf. Wieder komme ich mir vor als sei
ich auf einem anderen Planeten. Zeit hat für diesen Menschen eine ganz andere
Bedeutung als für uns hektischen Mitteleuropäer.
Der Regen lässt nach. Die Luft wird klar und der
Frühling
zeigt wieder seine Schönheiten. Wo
Kühe
grasen, sind auch Menschen nicht weit.
Dardhe
ist nicht groß. Bald habe ich eine nette kleine Unterkunft gefunden. Da sich
hierher auch manchmal ein paar Urlauber verirren, gibt es auch ein
Gästehaus in
einem parkähnlichen Garten. Ein älteres
Ehepaar hat
geschmackvoll ein paar Zimmer eingerichtet. Ich schlafe in dem ruhigen Haus tief
und fest.
Am nächsten Morgen bestaune ich weitere
Häuser im
Ort. Der Weg ins Tal ist angenehm zu laufen. Überall macht sich eine
Frühlingsstimmung
breit. Ein
Huhn sucht
einen warmen Platz und setzt sich in einem gemauerten Backofen in der Sonne.
Ich stelle fest, dass ich gestern mit dem Überqueren
des Berges wohl auch eine Kulturgrenze überschritten habe. Ab hier haben die
Menschen und die Häuser ganz deutlich einen leicht griechischen Einschlag. Und
auch hier ist der
Esel der
Dumme. Nur manchmal übernimmt ein
Maultier diese
Rolle.
Am Bach sehe ich Schüler beim
Sportunterricht.
Auffallend viele
Frauen
arbeiten auf den Feldern. Das Tal wird breiter.
Irgendwo muss ich
nun noch einmal nächtigen. In
Fitore
komme ich bei einer netten
Familie
unter und genieße wieder große Gastfreundschaft. Ein Bild von der Familie und
das Versprechen, es ihnen später auch zu schicken, ist alles, was ich geben
darf.
Ich will am nächsten Tag noch nach
Bilisht
laufen. Aber im strömenden
Regen kann
ich einem Autofahrer nicht abschlagen, dass er mich zum nächsten Bus Richtung
Korca bringt. Ich habe noch ein paar Tage Zeit. Die Rückfahrt nach
Tirana eilt nicht.
Deshalb beschließe ich, einen Umweg durch
Südalbanien
zu machen.
Noch am selben Tag fahre ich mit dem Bus von
Korca
nach
Erseke,
eine bedeutungslose Anhäufung von Plattenbauten. Gegen ein paar
Lek
überlässt man mir für eine Nacht das Kinderzimmer in einem Haus neben einer
Tankstelle. Ohne unnötige Verzögerung geht es am nächsten Tag weiter. Das Wetter
ist
trübe, die
Ortschaften sind
nichtssagend, die
Landschaft ist
grandios. Am Mittag erreiche ich
Girokaster.
Ich bin völlig unbedarft, was die Geschichte dieser
Stadt betrifft.
Ich weiß nur, dass es die Stadt des albanischen Schriftstellers Ismail Kadare
ist. Als ich ankomme sind anscheinend alle hier aus einem besonderen Grund
auf den Füßen. An
bestimmten Häusern stehen
Menschenschlangen,
aber nichts wird gekauft. Des Rätsels Lösung: Es gibt heute Visa für
Griechenland. Und die sind heiß begehrt.
Ich schlendere ein wenig durch die
Stadt und
bewundere die
Häuser und die
gepflasterten
Straßen. Es wäre sicher interessant, etwas mehr über die Stadt und ihre
Architektur zu
erfahren. Neben gelungenen
Renovierungen
droht auch der
Verfall.
Ich fahre am selben Tag noch ans
Meer: in die
Hafenstadt
Saranda.
Hier meine ich, in Griechenland zu sein. Ich finde ein schönes Zimmer und blicke
über das Meer nach Korfu. Dort drüben, 5 Kilometer übers Wasser, ist eine andere
Welt, die durch eine theoretische Linie im Meer – Grenze genannt – von Albanien
getrennt ist. Es gab Zeiten, da war diese Linie nicht so schwer zu überwinden.
Die Ruinen von
Butrint
legen
Zeugnis dafür ab.
Nordwärts zurück nach Tirana will ich unbedingt entlang der Mittelmeerküste fahren. Da auf dieser kleinen Straße aber keine Busse fahren können, gönne ich mir den Luxus eines Taxis. Die Fahrt auf der schlechten Straße ist zwar anstrengend, aber die Landschaft dafür traumhaft schön. Kleine und große Strände wechseln sich ab. Hinter dem Llogara-Pass ist dann alles vorbei. Über Vlore, Fier, Lushnje, Kavaje und Durres geht es zurück nach Tirana.
Meli und Bujar freuen sich, dass ich wieder gesund zurück bin. Und sie staunen
nicht schlecht, als ich mich mit ihnen halbwegs auf Albanisch unterhalten kann,
natürlich noch mit dem Wörterbuch auf dem Tisch.
Einen Tag streune ich noch durch
Tirana.
Das
Zentrum
ist noch nicht mit Autos vollgestopft. Der Nationalheld
Skanderbeg
überragt alles von seinem Sockel. In den Seitenstraßen muss ich gut aufpassen,
damit ich nicht in einem
offenen Kabelschacht
verschwinde.
An manchen Stellen gibt es noch
Polizeikontrollen,
z.B. in der Nähe der deutschen Botschaft. Denn dort ist der
Andrang
auf ein Visum fast so groß wie in
Girokaster vor
der griechischen Botschaft. Dabei wird mit ein paar Scheinen so Manches
möglich.Zum Schluss schaue mir noch die alte
Moschee
von innen an.
Am Tag darauf endet das Abenteuer. Nach einem kurzen
Flug bin ich
wieder zurück in Deutschland und habe ein paar Bilder
im Rucksack, die Erinnerung an
schöne Landschaften und nette Menschen. Zwei Wochen war ich
unterwegs. Es war eines meiner schönsten Abenteuer.
Inzwischen sind 15 Jahre vergangen. Oft habe ich angefangen, diese Erlebnisse
niederzuschreiben, aber erst im Jahr 2011 kam ich zu einem Ende. Bei der Lektüre
muss immer bedacht werden, dass es Erlebnisse aus dem Jahre 1996 sind.
2006 habe ich mit meinem Freund Agim verschiedene Menschen und Orte wieder aufgesucht. In diesen zehn Jahren hat es zum Teil gewaltige Veränderungen gegeben. Und das ist nun auch schon wieder fünf Jahre her. Vielleicht kann ich das Land und ein paar dieser freundlichen Menschen einmal wieder besuchen.
Informationen über das Reiseland Albanien
gibt es im Reiseführer